Vier Prinzipien, mit denen der Hagener SV seine Heimspiele zur Vereinsstrategie gemacht hat
Vor einigen Wochen wurde mir ein Video einer Trikotpräsentation in den Instagram-Feed gespült, das von der Professionalität her auf Höhe von Bundesliga-Teams war. Absender war der Hagener SV.
Hagen ist ein 10.000 Einwohner-Ort zwischen Bremen und Bremerhaven. Das weckte meine Neugier. Ich habe den Verein kontaktiert und mit dem Handball-Abteilungsleiter Henrik Puvogel gesprochen – und schnell gemerkt: Dieses Video war nur die sichtbare Spitze eines viel tiefer gedachten Konzepts.
Denn was der Hagener SV in den letzten Jahren auf die Beine gestellt hat, ist ein Paradebeispiel dafür, wie klug gestaltete Heimspiele ein ganzes Vereinsgefüge verändern können.
Dieser Beitrag ist zuerst bei handball.net erschienen.
Hier geht es zu meiner Kolumne „Spielzug – Ideen für Vereine“.
Von vier Zuschauern zur vollen Halle
„Bei meinem ersten Heimspiel der Herrenmannschaft als Abteilungsleiter saßen vier Leute auf der Tribüne. Das war wirklich schrecklich“, erzählt Henrik. In Hagen hat Handball keine große Tradition, viele Eltern kommen nicht aus dem Sport. Es fehlte an Identifikation, einer Hallenkultur und dadurch an Sogwirkung. Doch statt sich mit der Situation abzufinden, stellte sich Henrik mit seinem Vorstandsteam eine einfache, aber grundlegende Frage: Was müsste passieren, damit hier mehr Menschen kommen – und dann auch dauerhaft bleiben?
Was dann folgte, war kein einmaliger Highlight-Spieltag, sondern ein schrittweiser, sich immer weiter entwickelnder Prozess. Anfangs wurden Kinder aus den Jugendteams noch mit Süßigkeitenboxen in die Halle gelockt: Jedes Spiel ein anderes Team, als kleines Teamevent. Trommeln wurden besorgt, Hallen-DJs aus der eigenen Jugend rekrutiert und Tormusik eingeführt. Dann kam ein Hallensprecher dazu. „Ich hatte kurz Zweifel, ob das nicht zu viel ist für unsere Spielklasse“, sagt Henrik. „Aber wir haben es ausprobiert – und es kam richtig gut an.“
Der Fokus lag dabei immer auf den Kindern. Nicht als Marketing-Zielgruppe, sondern als zukünftiges Rückgrat des Vereins. „Handball im Fernsehen, das ist für die viel zu weit weg. Du musst es schaffen, dass sie vor Ort zugucken, das cool finden und sich zugehörig fühlen.“ Also durften sie im nächsten Schritt mit den Herren einlaufen, nach dem Spiel wurden Fotos gemacht – alles war darauf ausgerichtet, ein echtes Erlebnis zu schaffen.
Heute kommen regelmäßig 300, in der Spitze bis zu 400 Menschen in die Halle. Die Atmosphäre ist geprägt von grünen Vereinstrikots, die über eine Sammelbestellung für Fans und Eltern zugänglich gemacht wurden. Ein festes Zeitfenster – immer samstags, 18 Uhr – sorgt für Verlässlichkeit im Wochenend-Alltag. „Wir werden echt von der Halle getragen“, sagt Henrik. „Und wenn du dann auswärts spielst und da sitzen zehn Leute, ist das schon verrückt.“
Strategie statt Aktionismus: Vier Dinge, die man sich abschauen kann
Was der Hagener SV zeigt, lässt sich nicht einfach kopieren, aber sehr wohl übertragen. Hinter dem Erfolg stehen vier Prinzipien, die auch andere Vereine umsetzen können:

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Stimmung ist kein Zufallsprodukt: Atmosphäre entsteht nicht von selbst. Sie ist das Ergebnis bewusster Gestaltung. Wer Zuschauer gewinnen will, muss als Gastgeber denken: Was erleben Kinder und Erwachsene, wenn sie in unsere Halle kommen? Was bleibt hängen?
- 2Kinder sind keine Begleitung – sie sind das Zentrum: Wer früh Begeisterung weckt, schafft Bindung für Jahre. Die Idee, jedes Jugendteam einzubinden und bewusst in Szene zu setzen, ist einfach, aber wirkungsvoll. Wenn Kinder sich gesehen fühlen, bringen sie ihre Eltern mit. Und wollen immer wieder vorbeischauen.
- 3Mut zu ungewöhnlichen Entscheidungen: Tormusik, Hallensprecher, DJ – das alles gab es sonst in der Liga nicht. Der Hagener SV hat es trotzdem gemacht. Warum? Weil sie nicht auf andere geschaut haben, sondern auf das, was für ihr Publikum funktioniert. Viele Vereine scheitern nicht an zu großen Ideen, sondern an zu kleinen Erwartungen.
- 4Routinen schaffen Sicherheit: Immer Samstag, immer 18 Uhr. Gleicher Ablauf, klare Rollen und wiederkehrende Formate. Menschen gewöhnen sich an Angebote, wenn sie verlässlich sind. Das ist kein Showbusiness, das ist kluge Vereinsentwicklung.
Heimspiele als Herzstück des Vereins
Der vielleicht stärkste Satz aus unserem Gespräch war dieser: „Diese Heimspiele haben das komplette Vereinsgefühl geprägt und verändert.“ Genau darum geht es. Wenn Kinder in der Halbzeit in der Halle spielen, wenn Eltern im Vereinstrikot mitfiebern, wenn Trainer vor dem Spiel vor Sponsoren-Roll-Ups interviewt werden – dann entsteht Identifikation. Nicht durch ein aufpoliertes Image, sondern durch echtes Erleben, Beteiligung und Nähe.
Viele Verantwortliche suchen nach Lösungen für Mitgliedergewinnung, Nachwuchsmangel oder stagnierende Sponsoringeinnahmen. Was der Hagener SV vormacht, ist ein möglicher Hebel: Fang in der Halle an. Denn wer dort etwas bewegt, verbessert meist viel mehr als nur die Stimmung bei Heimspielen.
Wenn du gerade überlegst, wie du neue Energie in deinen Verein bringen kannst, frag dich nicht zuerst, ob du das Budget für ein Event hast. Frag dich, wie du aus dem nächsten Heimspiel etwas Besonderes machst. Und was passieren muss, damit Kinder, Eltern und Ehrenamtliche nach dem Spiel sagen:
„Das war richtig geil – da komm ich wieder.“
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